Bundesregierung stoppt Auszahlung der Coronahilfen
Wie gestern und heute der Presse zu entnehmen ist (vgl. u.a. https://www.businessinsider.de/politik/deutschland/betrueger-erschlichen-sich-millionen-mit-falschen-identitaeten-bundesregierung-stoppt-fast-alle-coronahilfen-a/ ), hat die Bundesregierung die Corona-Hilfszahlungen (auch Abschlagszahlungen) gestoppt. Betroffen sind dem Vernehmen nach alle laufenden Programme. Begründet wird dies mit dem Verdacht, dass in Einzelfällen Hilfsgelder betrügerisch erschlichen wurden. Wieder einmal wird das organisatorische Versagen bei der Gestaltung des Antragsverfahrens sowie das Handeln einzelner Betrüger als Begründung dafür genommen, den schwer getroffenen Unternehmen die versprochenen Hilfszahlungen vorzuenthalten. Um Betrügereien zu verhindern, wäre es angezeigt gewesen, die Abwicklung der Anträge und Auszahlung der Gelder unter Beteiligung oder Federführung der Finanzämter laufen zu lassen, die sowohl über die Unternehmen als auch etwaige prüfende Dritte (Steuerberater/Wirtschaftsprüfer) umfassende Informationen vorliegen haben. Diese Stellen hätten ggf. auch das Zahlenwerk einschließlich angegebener Kontoverbindungen abgleichen und/oder plausibilisieren können. Personalseitig wäre es angezeigt gewesen, u.a. Teile der Betriebsprüfung und Steuerfahndung – die angesichts geschlossener Betriebe strukturell weniger Belastungen ausgesetzt sein dürften als sonst – und ggf. auch Personal aus anderen Behörden (z.B. des Zollamts) zur Verstärkung heranzuziehen.
Es ist nach einem Jahr der Betriebsschließungen unverantwortlich, dass die mit den Begriffen „schnell“ und „unbürokratisch“ beworbenen Hilfen dauerhaft allenfalls langsam und nach erheblichen bürokratischen Volten (unter anderem ändern sich die FAQ zur Überbrückungshilfe III immer wieder, mit teils materiellen Auswirkungen für die Antragstellung und die Höhe der beantragten Hilfen) fließen. Die betroffenen Unternehmen brauchen das Geld aber jetzt und nicht erst Monate nach dem Umsatz- und Verdienstausfall.
Da passt es zeitlich ins Bild, wenn Kanzlerin Merkel im März 2021 (nicht 2020) in der Unionsfraktion ausführt: „Wir brauchen sicherlich den Monat März, um eine umfassende Teststrategie aufzubauen“. In einer lesenswerten Spiegel-Kolumne (https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/corona-staatsversagen-in-der-pandemie-saetze-zum-ausflippen-kolumne-a-7f9519ca-1994-48c5-81eb-607efce16cf5 ) fasst Sascha Lobo diese Zustände mit dem Begriff „Staatsversagen“ zusammen. Offenbar scheint man in Politik- und Regierungskreisen kaum Gedanken daran zu verschwenden, dass eigene Versprechen nicht eingehalten und weite Teile der betroffenen Wirtschaftszweige in den Ruin geschickt werden.