Corona, Wirtschaftseinbruch und Bürokratiemonstren
Die gegen die Verbreitung des Corona-Virus angestrengten Schutzmaßnahmen haben zu einem in jüngerer Vergangenheit beispiellosen Wirtschaftseinbruch geführt. Die tiefgreifenden und langfristig angelegten ökonomischen Auswirkungen dieses Einbruchs wurden und werden bislang von der Politik weitgehend kleingeredet und sind auch noch nicht bei allen Bürgern angekommen. Andere Bürger, insbesondere Unternehmer, aber auch Kurzarbeiter und die wachsende Zahl an Arbeitslosen, sehen sich indes bereits jetzt in der Existenz bedroht oder haben die Vernichtung ihrer wirtschaftlichen Existenz bereits hinter sich. Und diese Existenzvernichtung findet trotz einer Vielzahl an Einzelmaßnahmen statt, die auf Länder- und Bundesebene ergriffen oder angekündigt wurden.
Soweit es sich bei den Maßnahmen um das Hinauszögern von Zahlungsverpflichtungen gehandelt hat, ist deren mittel- und langfristiger Nutzen ohnehin marginal. Aber selbst bei den Maßnahmen, bei denen zahlenmäßig angeblich große Subventionssummen zur Auszahlung kommen, sind bezogen auf deren gesamt- bzw. volkswirtschaftlichen Nutzen große Zweifel angebracht. Denn diesen Maßnahmen ist eines gemeinsam: Sie führen zu einem erheblichen Anstieg unproduktiver Bürokratiekosten, sie führen zu Mitnahmeeffekten und sie führen – soweit sie denn überhaupt greifen – zu einem nie dagewesenen Anstieg der Staatsverschuldung. Die Staatsverschuldung stellt indes regelmäßig die Steuern von Morgen dar, ein Pfandbrief auf die Zukunft also, einzulösen von den Steuerzahlern von Morgen.
Um einige politisch besonders eifrig beworbene Maßnahmen herauszuheben:
Befristete Umsatzsteuersatzsenkung
Bei der temporären Umsatzsteuersatzsenkung wurde im Gesetzentwurf angenommen, dass sich die entlastende Wirkung insgesamt auf rund Euro 19,6 Mrd. beliefe. Alldieweil müssen Millionen Verträge über Dauerleistungen angepasst, Daueraufträge und Lastschrifteinzüge geändert, Kassensysteme neu programmiert und abenteuerlich viele Rückfragen zwischen Steuerpflichtigen, Steuerberatern und Finanzverwaltung gestellt und beantwortet werden. Und das nicht einmal, sondern angesichts der avisierten Rückänderung zum 01.01.2021 zweimal. Nicht nur die direkt Betroffenen müssen sich fragen, wie lange das Steuererhebungssystem diesen Belastungen überhaupt standhalten kann; zumal es noch eine Vielzahl weiterer krisenbedingter Maßnahmen gibt, die zu administrieren sind.
Vielerorts wird daher bereits vermutet, dass nur ein kleiner Teil des Effekts bei den Verbrauchern ankommen wird. Dabei ist es leider nur konsequent, wenn die Unternehmen und Unternehmer zunächst die Bürokratierechnungen begleichen, bevor sie über Preissenkungen nachdenken.
Da ist die Tatsache, dass ein derart umfassend wirkendes Gesetz nur zwei Tage vor dessen Inkrafttreten verabschiedet und das Begleitschreiben der Finanzverwaltung vom Vortag diese Änderung datiert, zwar immer noch (im negativen Sinne) einzigartig, aber doch nur ein kleiner Teil dieses Schildbürgerstreichs; denn bei allem, was der Staat an Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise auch betreiben mag: Er muss sich dabei stets auch fragen (und fragen lassen), welche Kosten und Verwerfungen damit verbunden sind und ob es nicht einfachere Wege zum Ziele gibt (vorliegend wäre zum Beispiel eine dauerhafte – ggf. etwas geringer ausfallende – Steuersatzsenkung wesentlich naheliegender als eine befristete Steuersatzsenkung).
„Überbrückungshilfe“
Als weitere geplante Maßnahme wirft die sogenannte „Überbrückungshilfe“ bereits ihren Bürokratieschatten voraus. Während Minister Altmaier vollmundig verspricht, diese Maßnahme würde helfen, „den Mittelstandmotor wieder anzuwerfen“, stellen Praktiker erschüttert fest, dass allein das Zertifizierungsverfahren für die Antragsstellergehilfen (Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) nicht weniger als 15 (fünfzehn) Schritte umfassen soll. Ein Antrag ist damit noch nicht gestellt. Und auch bei den gemäß „Eckpunktepapier“ avisierten Förderbedingungen werden sich die Leser verwundert die Augen reiben: Bemessungsgrundlage für die Hilfen wird nicht – wie vielerorts vermutet – der Umsatz- und Ertragseinbruch in den Monaten April und Mai sein, sondern der Einbruch in den Monaten Juni bis August. Die Umsatzrückgänge in den Monaten April und Mai (die im Vergleich zum Vorjahr über 60 % betragen müssen) werden nur insoweit relevant sein, wie sie eine (von mehreren) Antragsvoraussetzung sind.
Während mancher einigermaßen überlebensfähiger Mittelständler mit Umsatzeinbußen von 40 % und weniger also hier mal wieder in die Röhre schauen wird, wird denen Geld ausgezahlt, deren Überlebensfähigkeit angesichts von Einbrüchen von über 40 % ab Juni (und über 60 % im Zeitraum April bis Mai 2020) mit einiger Berechtigung ganz grundsätzlich angezweifelt werden kann. Ein gewohntes Muster, denn ähnliches spielt sich auch auf der großen Bühne der Staatshilfen für Großunternehmen wie Lufthansa und Adidas oder in der letzten Wirtschaftskrise bei den Großbanken ab.
Weitere Überraschungen
Schließlich hat der Gesetzgeber für manche auch noch allerlei unangenehme Überraschungen parat:
So werden sich beim einmaligen „Kinderbonus“ in Höhe von Euro 300,- je Kind, der im Jahr 2020 in 2 Raten zur Auszahlung gebracht werden soll, im Jahre 2021 manche Eltern mit entsprechendem Spitzensteuersatz wundern. Denn sie werden den Betrag im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagung wieder in voller Höhe einbüßen bzw. zurückzahlen müssen. Und auch hier ist nicht zu vergessen, dass für ein solches Ergebnis millionenfach angestrengte Verwaltungsakte (2 Auszahlungsvorgänge und Berücksichtigung in Steuererklärung und Steuerbescheid) notwendig waren.
Zusammenfassung
Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich also viele Maßnahmen der Regierung als öffentlichkeitswirksame aber teure Placebos, die gerade im Mittelstand wenig nachhaltige Wirkung entfalten werden. Die wenigen positiven Ausnahmen wie die Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld vermögen dieses Gesamtbild nicht wirklich zu beschönigen.