Aktuelle Rechtsprechung zur Hinzurechnungsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz
Die aus den 70er Jahren stammende Hinzurechnungsbesteuerung sollte ursprünglich zur Vermeidung von Gewinnverlagerungen ins niedrig besteuerte Ausland (insbesondere in die Schweiz) die Abschirmwirkung ausländischer Kapitalgesellschaften durchbrechen. Zwischenzeitlich hat sich die Hinzurechnungsbesteuerung aber zu einem massiven Investitionshindernis im Verhältnis zu Drittstaaten wie der Schweiz entwickelt, was vom Gesetzgeber so nicht beabsichtigt war. Zudem steht die Hinzurechnungsbesteuerung in Betriebsprüfungen im besonderen Fokus der deutschen Finanzverwaltung. Als Folge führen in der Praxis häufig oft unerkannte Hinzurechnungsbesteuerungs-Sachverhalte zu Steueraufgriffen bis hin zu steuerstrafrechtlichen Vorwürfen.
Der Anwendungsbereich der regulären Hinzurechnungsbesteuerung wird unter folgenden, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen eröffnet:
- „Deutschbeherrschung“ einer ausländischen (Zwischen-)Gesellschaft zu mehr als 50 % durch in Deutschland ansässige Personen (ohne Mehrheitserfordernis eines Gesellschafters = „zufällige Inländerbeherrschung“).
- Niedrige Ertragsteuerbelastung der ausländischen Beteiligungsgesellschaft mit weniger als 25 % sowie
- Ausübung einer sog. „passiven Tätigkeit“.
Im Zentrum des Anwendungsbereichs der Hinzurechnungsbesteuerung steht der Aktivitätskatalog mit einer Auflistung unschädlicher aktiver Tätigkeiten. Die darin aufgeführten unbedenklichen Tätigkeiten sind unzureichend und im Hinblick auf moderne Formen unternehmerischer Aktivitäten veraltet formuliert. Dies führt dazu, dass insbesondere im Handels- und Dienstleistungsbereich sowie bei der Überlassung von Nutzungsrechten auch bei wirtschaftlich sinnvollen Gestaltungen ohne Steuerumgehungsabsicht schädliche „passive“ Tätigkeiten vorliegen, die durch die Anwendung der HZB mit Steuermehrbelastungen „bestraft“ werden.
Für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter (Kapitalerträge ohne Dividenden und Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen) greift die sog. „erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung“ bereits bei einer Beteiligungsquote deutscher Gesellschafter mit 1 %.
Sind die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung erfüllt, so gilt der Gewinn der ausländischen Gesellschaft unmittelbar nach Ablauf des maßgebenden Wirtschaftsjahres den deutschen Gesellschaftern als fiktive Dividende zugeflossen, die vollumfänglich der Besteuerung unterliegt, wobei die von der ausländischen Gesellschaft bezahlte Ertragsteuer angerechnet werden kann.
Eine Escapemöglichkeit in Form eines Substanztests besteht nur bei EU-Staaten. Allerdings hat der Bundesfinanzhof für die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung im letzten Jahr entschieden, dass der Substanztest aufgrund der Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten anwendbar sei, sofern ein Auskunftsaustausch erfolge, was mit der Schweiz ab 2011 der Fall ist. Damit dürfte auch die reguläre Hinzurechnungsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz ab 2011 nicht mehr anwendbar sein, sofern eine dort ausgeübte tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit nachgewiesen werden kann.
Ob dieses – für in Deutschland ansässige Steuerpflichtige mit Beteiligungen an CH-Kapitalgesellschaften sehr erfreuliche – Ergebnis auch für die Zukunft Bestand haben wird, ist aufgrund der kurzfristig zu erwartenden Reform der Hinzurechnungsbesteuerung aber eher fraglich. Mit der Reform soll hinsichtlich der Deutschbeherrschung ein Mehrheitserfordernis eingeführt werden. Durch den damit verbundenen Wegfall der „zufälligen Inländerbeherrschung“ bezweckt der Gesetzgeber die alleinige Anwendung der Niederlassungsfreiheit für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung. Die Niederlassungsfreiheit ist nur innerhalb der EU und damit nicht im Verhältnis zum Drittstaat Schweiz anwendbar ist.
Weitere Einzelheiten zur aktuellen Rechtsprechung und zum Stand der geplanten Reform können Sie dem Artikel unseres Geschäftsführers Winfried Ruh im Heft 6-7/2020 der Schweizerischen Zeitschrift EXPERT FOCUS entnehmen.