Neuregelung der Quellensteuerentlastung für Dividenden und Lizenzen an ausländische Unternehmen führt zu einer Verschärfung für EU- und Verbesserung bei Drittlands-Gesellschaften
Im Ausland ansässige Unternehmen, die Dividenden oder Lizenzen aus deutschen Quellen beziehen, unterliegen der deutschen Quellensteuerpflicht. Diese lässt sich teilweise oder sogar ganz vermeiden, sofern ein Doppelbesteuerungsabkommen einen niedrigeren oder sogar Nullsteuersatz vorsieht. Hierzu kann das ausländische Unternehmen beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine Freistellungsbescheinigung beantragen, die den inländischen Vergütungsschuldner dazu berechtigt, den Steuerabzug zu unterlassen. Mangels Freistellungsbescheinigung einbehaltene Quellensteuern können bis zum Ende des vierten Jahres nach Bezug der Vergütung beim BZSt unter Beifügung der Steuerbescheinigung des Vergütungsschuldners im Rahmen eines Erstattungsverfahrens zurückgefordert werden.
Allerdings wird die Vermeidung der Quellensteuer durch die deutsche Anti-Treaty-Shopping-Regel des § 50d Abs. 3 EStG erschwert, die eine missbräuchliche Nutzung des DBA-Nullsteuersatzes für Unternehmen bezweckt. Aufgrund jüngerer EuGH-Rechtsprechung wurde der deutsche Gesetzgeber veranlasst, diese Regelung europarechtskonform auszugestalten. Die zum 09.06.2021 wirksame und grundsätzlich auf alle offenen Fälle anwendbare Neuregelung ist zwar in Bezug auf den Nachweis einer wirtschaftlichen Tätigkeit für EU-Gesellschaften – in potentiell unionswidriger Form – verschärft worden, allerdings wird nun erstmals eine Escapemöglichkeit in Form eines Nachweises, dass die Erlangung eines steuerlichen Vorteils kein Hauptzweck für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft war, zugelassen.
Mangels Unterscheidung zwischen EU- und Drittstaaten ist die Escapemöglichkeit erfreulicherweise auch für Drittstaatengesellschaften wie beispielsweise Schweizer Holdinggesellschaften anwendbar. Wie dieser Nachweis konkret erbracht werden kann, bleibt aber mangels Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung weitgehend unklar. Erste Erfahrungen mit dem BZSt sind aufgrund der weiten Auslegung des „Hauptzwecks eines steuerlichen Vorteils“ eher negativ.
Aufgrund dieser hohen Unsicherheit stellt bei ausländischen Holdinggesellschaften deren Ausgestaltung als „Führungsholding“ die verlässlichste Gestaltung zur Vermeidung der Quellensteuer dar. Diese setzt voraus, dass die strategischen Führungsentscheidungen durch die ausländische Holdingsgesellschaft getroffen werden, die sich durch ihre langfristige Natur, Grundsätzlichkeit und Bedeutung für den Bestand der geleiteten Beteiligungsgesellschaft auszeichnen.
Einzelheiten zur Anwendung der Neufassung der Missbrauchsvermeidungsregel des § 50d Abs. 3 EStG im Verhältnis zu Schweizer Holdinggesellschaften einschließlich der Gestaltung als Führungsholding können Sie dem Artikel unseres Fachberaters für Internationales Steuerrecht, Winfried Ruh, in der aktuellen Ausgabe des Kammermagazins der Handelskammer Deutschland Schweiz entnehmen.
Artikel zum Download: CH-D-Wirtschaft-Artikel zu Quellensteuerentlastung