Wegzugsbesteuerung: zinslose Stundung der Wegzugsteuer auch im Verhältnis zur Schweiz
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 06.09.2023 zur Anwendung der EuGH-Rechtsprechung zur Wegzugsbesteuerung in der Rechtssache „Wächtler“ im Verhältnis zur Schweiz entschieden. Dabei ließ der BFH – abweichend von der Verwaltungsauffassung – keine Zweifel daran, dass aufgrund des Freizügigkeitsabkommens mit der EU zumindest für die bis einschließlich 2021 anwendbare Altregelung die Wegzugsteuer auch bei Wegzügen in die Schweiz zinslos bis zur Veräußerung der Beteiligung zu stunden ist. Allerdings hat der BFH bestätigt, dass mangels Beitreibungshilfe mit der Schweiz die Stundung von der Gestellung einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden kann. Für diese Zwecke dürfte die Finanzverwaltung nach unseren Erfahrungen eine (naheliegende) Abtretung der Beteiligung nicht akzeptieren.
Folgen für Altfälle
Für bis Ende 2021 erfolgte Wegzüge in die Schweiz können bereits bezahlte Wegzugssteuern verzinslich zurückgefordert werden, sofern die Beteiligung noch nicht veräußert wurde. Allerdings kann die Finanzverwaltung die Rückzahlung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen.
Folgen für Wegzüge ab 2022
Die Folgen des Urteils für die ab 2022 anwendbare Neuregelung (vgl. hierzu unser Beitrag vom 06.12.2022) bleiben bis zu einer gebotenen Klarstellung durch die Finanzverwaltung und Rechtsprechung noch unklar. Es ist aber davon auszugehen, dass auch für Wegzüge ab 2022 eine zinslose Stundung erfolgen muss und die ratierliche Stundung über 7 Jahre keinen Bestand mehr haben dürfte. Zudem dürfte das Verlangen einer Sicherheit zumindest bei EU-Wegzügen unionsrechtswidrig sein.
Fazit
Im Ergebnis ist das – nach insgesamt zehnjähriger Verfahrensdauer ergangene – BFH-Urteil aufgrund der Bestätigung der zinslosen Stundung der Wegzugsteuer für Wegzüge in die Schweiz als sehr positiv anzusehen. Allerdings dürften trotzdem viele Wegzüge an der zulässigen Gestellung einer Sicherheitsleistung scheitern. Zudem bleibt der Anwendungsbereich des Urteils unklar, weil nicht auszuschließen ist, dass die Finanzverwaltung das Urteil nur auf vergleichbare Fälle mit Gesellschafter-Geschäftsführern (mit einer Beteiligungsquote von 50 %) anwenden wird.